In der FAZ meinte kürzlich ein gewisser David Schalko, vorgestellt als Autor und Regisseur, die „neue Mitte“ sei „rechtsradikal“, und er kritisierte die vermeintlich „rechtsextreme“ Freiheitliche Partei Österreichs und deren Bundesparteiobmann Herbert Kickl. Vor allem aber empört er sich auch gegen die Wähler, welche „undemokratisch und autoritär“ wählten und sich überhaupt „wie Kinder“ verhielten, und man weiß ja, „Kinder dürfen nicht wählen“. Tatsächlich ist es jedoch wohl eher undemokratisch, autoritär und kindisch, Wählern, die für Parteien stimmen, welche linken Regisseuren nicht passen, die moralische Reife zur Wahl abzusprechen (und in einer von solchen Leuten imaginierten realen Welt wohl auch das Recht dazu).
Schalko wirft weitere Steine im Glashaus, wenn er behauptet, die Wähler der FPÖ lebten in einer „Welt, in der Wahrheit keine Rolle spielt“, und beriefen sich auf „alternative Fakten“, welche man brauche, „weil man mit der Realität nicht klarkommt.“ Dass Linke gern im gleichen Atemzug, in dem sie sich über Fakenews echauffieren, diese verbreiten, ist ein hinlänglich bekanntes Phänomen, und Schalko bestätigt es. So erklärt er: „Die rechte Abmurksenergie ist überall spürbar. Ein Beispiel: 2022 gab es in Deutschland 481 religiös motivierte Gewalttaten. Dem gegenübergestellt 21.000 Gewalttaten von Rechtsextremen, laut Thomas Köck in seinem Buch ‚Chronik der laufenden Entgleisungen‘. Da fragt man sich, vor wem man mehr Angst haben muss. Vor Islamisten oder vor Nazis? Die Antwort liegt auf der Hand.“
Was tatsächlich auf der Hand liegt, ist dass Schalko nicht weiß, wovon er redet. Offenbar war seine einzige Erkenntnisquelle Köcks Buch, welches er unter dem Text dem Leser anempfiehlt und welchem er „mehrere Statistiken und Zitate entnahm“. Das Konsultieren einer zweiten Quelle, geschweige denn der deutschen Kriminalstatistik, war wohl zu anstrengend für den Faktenfreund.
So findet sich zwar die Zahl 481 tatsächlich im Bundesverfassungsschutzbericht von 2023, aber nicht als “Gewalttaten”, sondern als „Straftaten“. Es gab dem Bericht zufolge tatsächlich nur 43 Gewalttaten. Umso besser für Schalkos Argumentationsziel – allerdings schwerlich für seine Glaubwürdigkeit – könnte man sagen, aber dem steht entgegen, dass die von ihm kolportierte Zahl von „21.000 Gewalttaten von Rechtsextremen“ ebenfalls falsch ist. Auch hier handelt es sich lediglich um Straftaten, die meisten davon sogenannte Propagandadelikte, welche von Gesetzes wegen fast ausschließlich auf das rechte politische Spektrum abzielen. Sprich, „Alles für Deutschland“ zu sagen, ist ein Propagandadelikt, „Alle Macht den Räten“ oder „Alle Rechte ins Gulag“ nicht. Offenbar ist das deutsche Rechtssystem bei diesen Delikten auf dem linken (und dem islamistischen) Auge vorsätzlich blind. Dass ist nicht wirklich die Art von Blindheit, die man sich normalerweise von Justitia erwartet.
Aus dem Verfassungsschutzbericht geht jedenfalls hervor, dass von den besagten Straftaten nur 4,8 Prozent Gewalttaten sind, womit man auf eine Zahl von 1008 kommt. Schalko hat also um den Faktor 20 übertrieben. Hinzu kommen drei weitere Punkte. Erstens werden in Deutschland nach wie vor von Muslimen begangene Gewalttaten gegen Juden statistisch automatisch „Rechten“ in die Schuhe geschoben, das heißt, antisemitische Gewalttaten gelten automatisch als „rechts“. Diese Praxis ist bekannt und wird inzwischen zugegeben. Die entsprechende Statistik ist also ein Beispiel politisch motivierter staatlicher Fakenews.
Zweitens muss man zu den 43 offiziell anerkannten Gewalttaten aufgrund religiöser Ideologie noch die 226 aufgrund ausländischer Ideologie zählen, wenn es denn um einen Vergleich der „Abmurskenergie“ (Schalkos Wortwahl) zwischen „Rechtsextremen“ einerseits und einschlägigen Gruppen von Ausländern andererseits geht. Drittens gibt es keinen Grund, lediglich die ausdrücklich als ideologisch klassifizierte Gewalt zu betrachten. Seit 2015 bis heute gab es mindestens 429 vollendete Tötungsdelikte und über 10000 Fälle der Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung mit mindestens einem ausländischen Tatverdächtigen (eigene Berechnung auf Grundlage von BKA-Statistiken). Afghanen, Syrer und Iraker treten dabei weit überproportional in Erscheinung. Andere Gewalttaten sind dabei noch gar nicht mitgezählt. Wenn Schalko also meint, „viele Teile der Bevölkerung können sich nicht mehr sicher fühlen”, so hat er wohl recht. Falsch aber ist, dass dafür vermeintlich „Rechtsextreme“ verantwortlich sind. Die Hauptquelle für Fakenews sind sie offensichtlich auch nicht.
Schalko erklärt übrigens im letzten Absatz seines Textes, die „europäischen Grundwerte” seien “kolonialistischer Natur. Da brauchen wir uns keine Illusionen machen. Im Grunde ist jeder Europäer im Herzen ein Rassist.” Einer Illusion, der wir uns nicht hingeben sollten, ist vielmehr dass „postkoloniale“ Linke die tatsächlichen europäischen Grundwerte teilen. Denn im Grunde ist jeder „Postkolonialer“ im Kopfe ein autoritärer, demokratie- und faktenfeindlicher Ideologe.
© Uwe Steinhoff 2024